Maria Bach
Piano Quintet »Wolga«

cpo 555 341-2
1 CD • 75min • 2019, 2020
11.04.2022
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Selbst wenn bereits vor gut 25 Jahren schon einmal ein Werk aus der Feder der österreichischen Komponistin Maria Bach (1896–1978) den Weg auf CD gefunden hat, dürfte ihr Name den meisten Musikliebhabern bislang kaum geläufig sein. Bach, aus gutem, musik- und kulturbegeistertem Hause stammend (Erich Wolfgang Korngold etwa war ein Bekannter aus Kindheitstagen), war Schülerin von Joseph Marx und konnte speziell in den 1920er und 1930er Jahren einige Erfolge als Komponistin in Wien und darüber hinaus feiern. In späteren Jahren konzentrierte sie sich eher auf die Malerei, komponiert hat sie indes ihr Leben lang. Den Schwerpunkt ihres Schaffens bilden sicherlich ihre Lieder, größer angelegte Werke aus dem Bereich Kammer- oder Orchestermusik entstanden vorwiegend bis etwa Mitte der 1940er Jahre. Die vorliegende CD stellt drei ihrer Kammermusikwerke vor, gespielt von Mitgliedern der Kammermusikreihe „Pforte“ rund um den Bratschisten Klaus Christa, die sich bereits seit einigen Jahren für Bachs Musik einsetzen.
Üppige Klangpracht und schillernde Farben
Die hier eingespielten Werke zeigen Maria Bach als eine Komponistin, die in der Nachfolge ihres Lehrers Joseph Marx auf Basis einer üppigen, klangmächtigen Spät(est)romantik stark von der Musik des Impressionismus beeinflusst ist. Das ausladendste und ambitionierteste Stück ist dabei ihr als Wolgaquintett bezeichnetes Klavierquintett (1927/28). Der Titel bezieht sich auf den Mittelsatz, der das berühmte „Lied der Wolgaschlepper“ einer umfangreichen Folge von Variationen unterzieht, aber bereits der Beginn des Werks mutet wie eine Wassermusik an, wenn vor dem Hintergrund pendelnder, wellenartiger Figuren Violine und Cello eine ruhig fließende, sehnsuchtsvolle Melodie intonieren. In der Folge entfaltet sich eine üppige, sehr virtuose, reich ornamentierte und klangvolle Musik, die alle Möglichkeiten der Instrumente gekonnt und wirkungsvoll ausschöpft (neben dem vollgriffigen und differenzierten Klaviersatz z.B. auch Spiel am Steg oder col legno in den Streichern). Im Zentrum steht dabei die Klangfarbe, das Spiel mit Schattierungen und Nuancen, die Maria Bach immer wieder in sehr aparten Details zu realisieren versteht (man betrachte etwa den hingetupften Pizzicato-Schluss des ersten Satzes). Eine Musik, deren Rauschhaftigkeit und schillernde Farbenpracht etwa an Marx’ große Herbstsymphonie denken lassen, auch wenn Marx sicherlich über eine wesentlich prägnantere eigene Tonsprache verfügt.
Kaleidoskophafte Variationsfolgen und Exotismen
In der Tat orientiert sich Maria Bach oft eng an ihren Vorbildern: der erste Satz ihres Streichquintetts (1936) – immerhin das späteste Werk auf dieser CD – lehnt sich ziemlich unverhohlen an die Streichquartette Debussys (man vergleiche die Hauptthemen der Kopfsätze) und Ravels an. Nicht immer überzeugend geraten Struktur und Proportionen: so wird das Wolgalied im Quintett in rund 18 Minuten nicht weniger als zwölfmal abgewandelt. Der Eindruck ist dabei eher kaleidoskopartig; es fehlt eine echte Binnendramaturgie, eine prägnantere Abgrenzung der einzelnen Variationen, die sich zum Teil ähneln, und auch im melodischen Element ist Maria Bach nicht so einfallsreich wie in den Klangfarben (eher floskelhaft etwa ab 3:51, nicht zuletzt im Vergleich zu der halben Minute davor). Als Ganzes ist dieser Satz trotz vieler reizvoller Momente sicherlich zu lang geraten. Eher episodisch wirken auch die Variationen über ein bretonisches Fischerlied im Streichquintett. Im Finalsatz jenes Werks wiederum komponiert Maria Bach einen effektvollen Sakralen Tanz voller Exotismen (Ostinati, orientalisierende Skalen); etwas enttäuschend allerdings der Schluss: im Grunde genommen eine konventionelle g-moll-Kadenz und damit fast die Antithese zu den fünf Minuten davor. Die abschließende Cellosonate (1924) ist insofern als frühestes Werk auf der CD erkennbar, als dass sie stärker der Romantik verpflichtet ist, hier schwingt auch ein wenig Fin de siècle mit.
Engagierte, inspirierte Interpretationen
Musik also, die sich in erster Linie durch ihre Lust an üppiger Klanglichkeit und Atmosphäre auszeichnet (mit dem Wolgaquintett als Höhepunkt) und deren unmittelbare Attraktivität ihr sicherlich ihre Freunde und Enthusiasten bescheren wird. Klaus Christa und seine Mitstreiter legen ein sehr engagiertes und inspiriertes Plädoyer für Maria Bach ab, klangschöne und lebendig musizierte Interpretationen mit Sinn für die Details, die für diese Musik charakteristisch sind. Das Beiheft, ebenfalls aus der Feder Christas, hätte bei einer bis dato weitgehend unbekannten Komponistin wie Maria Bach sogar noch etwas umfangreicher sein können (und z.B. einen präziseren Überblick über ihr kompositorisches Schaffen bieten können).
Holger Sambale [11.04.2022]
Anzeige
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Maria Bach | ||
1 | Quintett für 2 Violinen, Viola, Violoncello und Klavier (Wolga) | 00:34:50 |
4 | Quintett für 2 Violinen, Viola und 2 Violoncelli | 00:20:35 |
7 | Violoncellosonate | 00:19:28 |
Interpreten der Einspielung
- Christine Busch (Violine)
- Elene Meipariani (Violine)
- Klaus Christa (Viola)
- Mathias Johansen (Violoncello)
- Conradin Brotbek (Violoncello)
- Akiko Shiochi (Klavier)
- Yukie Takai (Klavier)