
Christophorus CHR77259
1 CD • 75min • 2002
16.02.2004
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Der in Wien geborene Anton Eberl (1765-1807) hat eine besondere Beziehung zum Werk seines Zeitgenossen Mozart gehabt: Wie ließe sich sonst erklären, daß er bald nach Mozarts Tod eine Trauerkantate mit dem Titel An Mozarts Grab schrieb.
Ende der 1790er Jahre erhielt Eberl den Ruf an den Zarenhof nach St. Petersburg, und hier machte er, wie die vorliegende CD zeigt, die russische Herrscherelite mit der Wiener Tradition der neuesten Zeiten bekannt. Am Beginn des neuen Jahrhunderts kehrte er nach Wien zurück. Seine Kompositionen wurden von Haydn ausdrücklich gelobt und von der Kritik als Modell gegen Beethovens allzu moderne Töne gepriesen: Man merkt schnell, daß hier ein genehmer Komponist gegen einen verstörenden Neutöner ausgespielt werden sollte.
Doch gemach: Der Schatten Beethovens hat sich wie eine existenzielle Instanz über die Musik des gesamten 19.Jahrhunderts gelegt, und erst heute erkennen wir, daß es unter Zeitgenossen und Nachfolgern des zweifelsfrei größten Genies des 19. Jahrhunderts Meister gegeben hat, die ihm weder das Wasser reichen konnten noch wollten. Wenn wir heute die Kammermusik Eberls hören, verkleinert unser an Beethoven gedrilltes Urteilsvermögen diese Werke im Vergleich mit dem Klangkosmos dieses Ausnahmegenies nicht. Ein fairer Vergleich dieser Werke, die zu gleicher Zeit unter völlig verschiedenen Voraussetzungen entstanden sind, scheint heute unmöglich. In einer Sicht, die von vorurteilsbelasteten Einschätzungen des 19. Jahrhunderts gereinigt ist, muß Eberls Schaffen interessant und originell erschienen, und damit verdient es dieser Meister, in die Reihe der bis heute unentdeckten Komponisten der Beethoven-Zeit aufgenommen zu werden.
Die Musiker dieser Einspielung kommen alle nicht vom alten Instrumentarium her, sie erlebten ihre ersten Erfolge im Konzertsaal und bei internationalen Wettbewerben auf konventionellen Instrumenten und entdeckten erst danach die alten Instrumente. Damit eignen sie sich vorzüglich zur Interpretation der Musik um 1800, die für heutige Hörer von der Grenzlinie zwischen zwei Zeiten zu kommen scheint, von denen sich die eine heute nur noch im historischen Kontext erschließt, die andere hingegen die Grundlagen einer künstlerischen Welthaltung formuliert, die bis in unsere Tage als gültig empfunden wird.
Detmar Huchting [16.02.2004]
Anzeige
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Anton Eberl | ||
1 | Sonata a-Moll op. 10 Nr. 1 (Trio) | |
2 | Variationen über ein russisches Volkslied op. 17 für Klavier und Violoncello | |
3 | Grande Sonate g-Moll op. 39 für Klavier | |
4 | Sonata B-Dur op. 10 Nr. 2 (Trio) |
Interpreten der Einspielung
- Playel-Trio (Klaviertrio)