
Hungaroton HDVD 32371
1 DVD-Video • 2h 55min • 2003
03.03.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Im Fernsehen hat sich András Schiff – sehr bemüht, ein wenig volksschullehrerhaft – über das Werk Franz Schuberts geäußert. Nun referiert er im Vorfeld seiner Interpretationen über die sechs Englischen Suiten, und hier, auf diesem barocken, gleichwohl zeitlos brisanten Terrain formuliert er um einiges gewandter in der Benennung des Nächstliegenden, aber auch der geheimnisvollen Details eines Repertoires, das ihm wirklich ans Herz gewachsen zu sein scheint.
Diedr Mitschnitte sind in der Budapester Franz Liszt-Akademie produziert worden. Die tendenziell musikwissenschaftlichen Statements dürften einem späteren Produktionskonzept entsprungen sein, aber sie fügen sich gut zwischen die Live-Aufführungen ein. In Wort und Konzertton bietet András Schiff glaubhaft eine enge, sozusagen natürliche Beziehung zu den „englischen“ – in Wahrheit mitnichten englischen – Sätzen, denen seine wie unbeirrt allen Mehrstimmigkeiten folgenden Finger in jeder Sekunde Richtung, Tempo, Farbe und musikalische Sprache sichern. So selbstverständlich, so innig mit den kompliziertesten und im nächsten Moment mit den einfachsten Bach-Inventionen verschwistert, hat sich kaum je ein Interpret mitgeteilt – und schon gar nicht auf der medialen Schiene des Musikfilms. Bewundernswert, wie Schiff die finalen Gigue-Sätze auf Trab hält und dennoch für rhythmische Gelöstheit bürgt, als habe er diese Passagen tatsächlich für immer und ewig inhaliert wie unsereins die Luft zum Atmen. Man mag zu manchen Dingen, die dieser Künstler in den letzten Jahrzehnten zum Besten und zum Halbbbesten gegeben hat stehen wie man will, aber als ungarisches Sprachrohr Johann Sebastian Bachs wird er in die Annalen der Bach-Interpretation Einzug halten. Sein Vorzug: er kann es sich erlauben, staunend den Vorgaben, den Wundern des Komponisten nachzuhorchen, ohne je im Tempo (wie Martin Stadtfeld!) zu forcieren. Mehr noch: bei Bach agiert, nein: erweist sich dieser András Schiff als ein Medium, das diese Musik durch seinen Pianistenkörper einfach hindurchfließen lässt. Es ist, als ob er auf den weißen und schwarzen Tasten nur anschlägt, was ihm von einer höheren Macht auferlegt ist.
Peter Cossé † [03.03.2006]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Englische Suite Nr. 1 A-Dur BWV 806 | |
2 | Englische Suite Nr. 2 a-Moll BWV 807 | |
3 | Englische Suite Nr. 3 g-Moll BWV 808 | |
4 | Englische Suite Nr. 4 F-Dur BWV 809 | |
5 | Englische Suite Nr. 5 e-Moll BWV 810 | |
6 | Englische Suite Nr. 6 d-Moll BWV 811 |
Interpreten der Einspielung
- András Schiff (Klavier)