
VMS VMS 208
1 CD • 71min • 2009
28.10.2009
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Die Gegenüberstellung des 1826 komponierten letzten Quartetts mit dem knapp 13 Jahre früher entstandenen Es-Dur-Quartett veranschaulicht trefflich das Ausmaß von Schuberts schöpferischem Genie. Auch wenn die Dimensionen bei dem für das familieneigene Streichquartett konzipierten Werk des Sechzehnjährigen noch bescheidener sind, wird auch hier schon der Kosmos menschlicher Emotionen ausgemessen, werden Höhen und Tiefen durchwandert, sprüht die Lebensfreude, spannen sich sehnsüchtige Melodien. Das G-Dur-Quartett sprengt mit seiner dreiviertelstündigen Dauer, seiner sinfonischen Anlage und seiner Fülle von Gedanken den Rahmen der Gattung. Der Klang scheint bisweilen ins Orchestrale gesteigert, Licht und Schatten werden in dramatischer Weise konfrontiert, Abgründe tun sich auf, die einen Vorgeschmack auf die im folgenden Jahr begonnene Winterreise geben. Von den Ausführenden verlangt diese Musik ein hohes Maß an Bereitschaft, sich in die innersten Seelenlandschaften des Komponisten hineinzuversetzen, sich in seine Sprache mit ihrer ganz persönlichen Rhetorik der „himmlischen Längen" einzufühlen.
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass das 1993 gegründete Wiener Hugo Wolf Quartett zu den herausragenden Streichquartetten unserer Zeit gehört, wäre er mit dieser Einspielung erbracht. Was die Geiger Sebastian Gürtler und Régis Bringolf, die Bratscherin Gertrud Weinmister und der Cellist Florian Berner hier präsentieren, darf man getrost ein Wunder an Homogenität nennen. Das Zusammenspiel ist schlafwandlerisch bis in die kleinste Regung hinein, die Klangdramaturgie erscheint bis ins Letzte ausgefeilt. Die Schwerelosigkeit dahinjagender Figuren besticht ebenso wie die Gewalt der Ausbrüche oder die klangliche Nuancierung und der Ausdrucksreichtum der Kantilenen. Dabei sind die Abläufe so sorgfältig disponiert, dass auch bei einem gewaltigen Satz wie dem fünfzehnminütigen Kopfsatz des G-Dur-Quartetts die Spannung nie abreißt. Im „Andante un poco mosso" finden sich Momente von ergreifender Verlorenheit, das Scherzo wirbelt brillant dahin und das ambivalente Finale mit seiner Wiederaufnahme der Dur-Moll-Gegenüberstellung, die letztlich keine eindeutige Auflösung findet, wirkt als konsequenter Abschluss. Die Musiker des Hugo Wolf Quartetts bleiben diesem musikalischen Psychogrmm nichts schuldig.
Sixtus König † † [28.10.2009]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Franz Schubert | ||
1 | Streichquartett Nr. 15 G-Dur op. 161 D 887 | 00:45:34 |
5 | String Quartet No. 10 E flat major D 87 op. post. 125 Nr. 1 (1813) | 00:25:25 |
Interpreten der Einspielung
- Hugo Wolf Quartett (Streichquartett)