Johann Franz Xaver Sterkel
Piano Quartet • 2 Piano Trios

cpo 555 499-2
1 CD • 71min • 2021
24.02.2025
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Im Garten der Städtischen Musikschule Aschaffenburg steht auf einer Marmorstele eine Büste, auf einem Glasschild ist notiert: Johann Franz Xaver Sterkel / (1750 – 1817) / Großherzoglicher Musikdirektor in / Aschaffenburg / Pianist / Komponist. Damit ist in aller künstlerischer Kürze Sterkels Leben und Bedeutung formuliert. Er wurde in Würzburg geboren, studierte Musik, dann auch Theologie, wurde Organist und Vikar am Kollegiatstift Neumünster in Würzburg, wurde gefördert vom Würzburger Fürstbischof Adam von Seinsheim und dann vom Mainzer Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal als „Hofklaviermeister“ und als Vikar engagiert. Erthal schickte Sterkel auch nach Italien, „zur Verfeinerung seines Kompositionsstils“. In Neapel wird eine Oper von ihm aufgeführt, in Bologna verbringt er viel Zeit mit dem berühmten Padre Martini.
Lokale Institution mit Ausstrahlung
Nach Mainz zurückgekehrt, wird er 1782 Kanonikus am Liebfrauenstift, was ihm viel Zeit fürs Komponieren lässt. Unter Kurfürst von Dalberg wird Sterkel kurfürstlicher Hofmusikdirektor und Kapellmeister, ab 1810 übernimmt er die Leitung der Hofmusik in Aschaffenburg, wo er auch die Musikschule gründet. Seinerzeit war Sterkel einigermaßen berühmt, Symphonien von ihm werden in Paris und sogar in den USA aufgeführt, seine Kammermusik verkauft sich gut, er trifft mit Beethoven zusammen, der Sterkels Klavierspiel anerkennt, und Carl Maria von Weber sucht ihn in Aschaffenburg auf. Sterkel hinterlässt ein Œuvre von über 700 Kompositionen.
Schubert’sche Melodienfülle und Beethoven’sche Urgewalt
„Sterkels Werk besitzt heute jedoch weder in Aufnahmen noch im Konzertbetrieb nennenswerte Präsenz“, konstatiert wikipedia. Das möchten das Label cpo und das Trio Fortepiano ändern – und sie tun es mit Verve. Das (zweisprachige) Booklet informiert ausführlich über Sterkels Biografie und Kompositionsstil, das Trio Fortepiano spielt, als handle es sich um Kammermusik von Schubert oder Beethoven. In der Tat ist Sterkels Musik hier erfüllt sowohl von Schubert’scher Melodienseligkeit und -fülle als auch von Beethoven’scher Urgewalt. Immer ist der Mittelsatz eine „Romance“, immer sprühen die Ecksätze von Temperament und sind bisweilen mit hakligem Humor angereichert.
Munter sprudelnder melodischer Fluss
Die Musikerinnen Julia Huber, Violine, Anja Enderle, Cello, Miriam Altmann, Hammerflügel spielen auf ihren Original-Instrumenten sehr lebendig, spritzig, flink und flott, Vibrati sind äußerst selten eingesetzt, das Cello beteiligt sich kraftvoll am musikalischen Geschehen, auch da, wo es „nur“ die harmonische Basis gibt. Die Tonregie vollbringt das Kunststück, akustisch alle drei Instrumente völlig gleichwertig zu behandeln. So kann man hören, wie schnell und wendig alle aufeinander reagieren, wie Crescendi und Decrescendi sich wirklich gemeinsam auf- und abbauen, wie der munter sprudelnde melodische Fluss kompositorisch auf alle drei Instrumente verteilt ist, wie winzige Ritardandi vor wichtigen Themen oder Motiven die Spannung steigern. Violine und Violoncello hören sich, wenn sie im Duett spielen, fast an, als seien es Violine und Viola. Der Melodienfluss und die Temperamentsausbrüche sind wohldosiert, der Hammerflügel scheint oft leicht zu führen.
Guter Gedankenfluss mit Heiterkeit
Im Klavier-Quartett fügt sich die Bratscherin Ursula Plagge-Zimmermann unauffällig, aber wirkungsvoll in das Trio ein. Das dramatisch aufgewühlte Hauptthema des Kopfsatzes präsentieren die vier Musikerinnen gekonnt, den Gegensatz zum lyrischen Seitenthema kosten sie weidlich aus, genauso wie sie innig die Romanze aussingen. Sie spielen das Werk „mit seinem guten Fluss der Gedanken, seinem … leicht erkennbaren Plan, seiner Heiterkeit und seiner vortheilhaften Ausführung“ mit ebenso „viel Vergnügen“, wie ein Zeitgenosse rühmt und wünscht.
Rainer W. Janka [24.02.2025]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Franz Xaver Sterkel | ||
1 | Klaviertrio D-Dur op. 30 Nr. 1 StWV 174/1 | 00:18:57 |
4 | Klaviertrio C-Dur op. 30 Nr. 2 StWV 174/2 | 00:23:46 |
7 | Klavierquartett B-Dur op. 42 StWV 157 | 00:28:28 |
Interpreten der Einspielung
- Trio Fortepiano (Klaviertrio)
- Ursula Plagge-Zimmermann (Viola)