Johann Sebastian Bach
Passio secundum Johannem BWV 245 Version II (1725)

MDG 102 2351-6
2 CD/SACD stereo/surround • 1h 54min • 1999
18.04.2025
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
In der neuen Reihe „Preziosa“ präsentiert MDG eine Reihe älterer Aufnahmen, die teilweise in den Anfängen des Labels entstanden sind und die dessen Mitbegründer Werner Dabringhaus besonders wichtig sind. Der 300. Jahrestag der Uraufführung von Johann Sebastian Bachs Johannes Passion in ihrer zweiten Fassung war dabei ein zusätzlicher Anlass, eine Einspielung wieder zu veröffentlichen, die ihrerseits ein Vierteljahrhundert auf dem Buckel hat. Sie wird bei dieser Gelegenheit erstmals im 3-D-Klang herausgebracht, was aus Kostengründen damals noch nicht möglich war.
Die zweite Fassung
Von der ersten Fassung des Oratoriums, die 1724 nicht wie von Bach gewünscht in der Leipziger Thomaskirche herauskam, sondern auf Anweisung der Kirchenbehörde in St. Nikolai, ist das Notenmaterial nur unvollständig erhalten. Für die zweite, die am 30. März 1725 doch noch in der Thomaskirche zu Gehör kam, hatte der Komponist einige wesentliche Änderungen vorgenommen, die er bei späteren Aufführungen (1732, 1749) wieder zurücknahm. Die Änderungen dieser hier vorliegenden zweiten Version bestanden vor allem in Hinzufügungen im Chorpart und dem Austausch von Arien. An die Stelle des alten Eingangschors „Herr, unser Herrscher“ trat der neu komponierte, breiter angelegte Choral „O Mensch, bewein dein Sünde groß“, der dem 1. Teil nicht nur musikalisch, sondern auch inhaltlich das Gepräge gibt. Bach hat ihn später in der Matthäus-Passion wiederverwendet. Am Ende des Oratoriums schließt sich der Kreis mit einem wiederum groß ausgeführten Choral „Christe, du Lamm Gottes“, den Bach zuvor schon in der Kantate „Du wahrer Gott und Davids Sohn“ verwendet hatte. Zwei Arien von beinahe opernhafter Dramatik („Himmel reiße, Welt erbebe“ für Bass und „Zerschmettert mich, ihr Felsen“ für Tenor) mischen die Beschaulichkeit des ersten Teils auf.
Gediegene Interpretation
Die jetzt neu aufgelegte historische Aufnahme mit Künstlern, die sich durchweg als Bach-Spezialisten profiliert haben, zeichnet sich durch sorgfältige Vorbereitung aus, nicht nur in editorischer Hinsicht, sondern auch in der Wahl des Aufnahmeortes (die Abteikirche Bendorf-Sayn verfügt über eine Orgel, die derjenigen Bachs in der Thomaskirche in Ausstattung und Klang nahekommt) und nicht zuletzt im Aufnahmeprozess selbst. Wie Werner Dabringhaus in seinem Begleittext hervorhebt, wurden die einzelnen Teile (Chöre, Rezitative und Arien) nicht wie damals üblich getrennt aufgenommen und dann im Studio zusammengefügt, sondern zusammenhängend mit dem gesamten Ensemble, wodurch der Eindruck einer Live-Aufführung entstand. Nach dem heutigen Höreindruck wurde das dramatische Potential des Werks dabei nur in den Konfrontationen des Evangelisten mit den Turba-Chören voll ausgeschöpft, während der Kölner Kammerchor und das Collegium Carusianum unter Peter Neumann sonst einem traditionellen, zelebrierenden Vortragsstil verpflichtet scheinen. Aus der lediglich soliden Sängerschar ragt Markus Brutscher mit seinem hellen, durchschlagskräftigen Tenor heraus. So bleibt insgesamt der Eindruck einer hochkompetenten und gediegenen Interpretation, die aber nicht intensiv berührt oder gar aufwühlt, was sie im Idealfall könnte (ich denke dabei an eine Aufführung unter Peter Dijkstra, die der BR 2015 in Nürnberg aufgezeichnet hat und die in der ARD Mediathek noch zu besichtigen ist).
Ekkehard Pluta [18.04.2025]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Johannes-Passion BWV 245 | 01:54:14 |
Interpreten der Einspielung
- Ruth Holton (Sopran)
- Bogna Bartosz (Alt)
- Markus Brutscher (Tenor)
- Thomas Laske (Bariton)
- Tom Sol (Bass)
- Kölner Kammerchor (Chor)
- Collegium Cartusianum (Orchester)
- Peter Neumann (Dirigent)