Franz Schubert
Isabelle Faust

harmonia mundi HMC 901870
1 CD • 58min • 2004
04.04.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Es gibt Kompositionen, die fast resistent gegen den Zugriff des Interpreten sind, und andere, die äußerst empfindlich darauf reagieren. Schuberts Duos für Violine und Klavier gehören in die Kategorie der extrem empfindlichen Werke, deren musikalische Substanz sich erst wirklich durch einen höchst artifiziellen, dabei stets lebendig-pulsierenden und doch vergeistigten Zugriff erschließt. Die filigrane Virtuosität, mit der diese Musik hier in weiten Teilen scheinbar unbekümmert daherkommt, ist punktgenau von einer sehr präzisen, diffizilen und emotional geladenen Gestik durchtränkt. In der Balance von perfekt-routiniertem, virtuosem Erscheinungsbild und aussagekräftiger Innenspannung liegt die Chance einer wirklich gelungenen Interpretation, die den Interpreten zwar sofort ins rechte Licht setzt, aber zur glatten Kulisse wird, wenn er ihre Substanz – oder direkter gesagt, ihre Tiefe und ihre fast surreal-romantische Zwielichtigkeit nicht wirklich erfaßt.
Isabelle Faust und Alexander Melnikov treffen in ihrer Interpretation insofern den Kern der hier angedeuteten Problematik, als sie beiden Aspekten der Musik voll Raum geben und sich dabei in keiner Nuance auf eine der beiden Seiten schlagen. Die unbedingte Souveränität im geradezu artistisch-schwerelosen Zugriff ist in diesem Sinne nicht nur quasi didaktisch eine Seite der Medaille, hinter der dann die andere Seite aufleuchtet, sondern sie ist die Membran, in deren Zittern sich gleichwohl das empfindlichere Wesen der Musik, ihre Seele, mitteilt. Diese in ihrer Direktheit ungebrochene, antidialektische und niemals belehrende Interpretation setzt den Geist der Musik in entsprechend schärferer Kontur frei – gleich am Anfang des flimmernden Klavierparts der C-Dur-Phantasie, wobei das schmetterlingshaft-materielose Einsetzen des Violinparts den Hörer sofort in einen ganz eigenen Zauber versetzt, aus dem er sich aus eigenem Impuls nicht entfernen wird. Der bald silbern blitzende, bald flötenhaft hauchende, immer transparente und im besten Sinne „mozartische“ Ton Isabelle Fausts öffnet einen frühromantischen Kosmos, in dem Brahms noch fern ist, die Musik nicht an ihrem eigenen Schmelz erstickt und in dem doch auch die unbeschwerteren Geister der Klassik schon am Horizont verschwinden. Alexander Melnikovs lichtes, durchleuchtet-sirrendes Klavier ist ein in jeder Hinsicht optimales Gegenüber, wobei auch Melnikovs Schubert wie ein sich in Raum und Zeit entfernender Mozart klingt.
Hans-Christian v. Dadelsen [04.04.2006]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Franz Schubert | ||
1 | Fantasie C-Dur D 934 für Violine und Klavier (op. posth. 159) | |
2 | Sonate A-Dur op. 162 D 574 für Violine und Klavier | |
3 | Rondo brillant h-Moll D 895 für Violine und Klavier |
Interpreten der Einspielung
- Isabelle Faust (Violine)
- Alexander Melnikov (Klavier)