Robert Schumann
Lena Neudauer

SWRmusic 93.258
1 CD • 79min • 2010
20.07.2010
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die Rezeptionsgeschichte von Robert Schumanns Violinkonzert, seinem letzten Orchesterwerk, präsentiert sich alles andere als geradlinig: Zu Lebzeiten des Komponisten nur einmal geprobt, aber nicht mehr aufgeführt, dann von Clara Schumann und dem Geiger Joseph Joachim, für den es geschrieben war, als nicht zur Veröffentlichung geeignet befunden, später von den Nazis als „Ersatz“ für das Mendelssohn-Konzert ausgegraben und in entstellter Weise uraufgeführt, wurde das Werk erst in jüngster Zeit in einer verlässlichen Urtextausgabe vorgelegt, auf der die vorliegende Einspielung basiert und damit die erste Aufnahme dieses nun endlich definitiven Notentextes ist. Inzwischen hat sich auch die Erkenntnis durchgesetzt, dass das Werk durchaus nicht von „Ermüdungserscheinungen“ zeugt, sondern vollwertig den Konzerten für Klavier und Violoncello an die Seite zu stellen ist. Letzteres erklingt in der 1987 im Nachlass Joachims aufgefundenen, von Schumann selbst autorisierten Fassung für Violine als Soloinstrument.
Vorangestellt ist den beiden Konzerten die ausgesprochen dankbare Fantasie für Violine und Orchester, die der Widmungsträger Joachim hoch schätzte und immer wieder gerne zur Aufführung brachte. Trotzdem geriet auch dieses Werk ins Abseits und blieb bis heute ein Stiefkind des Repertoires.
Die Solistin Lena Neudauer geht sämtliche Werke bedachtsam an, spielt technisch untadelig und mit gleichbleibend schönem Ton. Erfreulicherweise verzichtet sie auf jedes Showgehabe und alle aufgesetzten Effekte. Allerdings findet man bei ihr auch weder die Raffinesse eines Gidon Kremer noch den beherzten Zugriff und die überzeugende Phrasierung, die Ida Haendels Wiedergabe des d-Moll-Konzerts so fesselnd machten. Man möchte der sympathischen jungen Münchner Geigerin für die Zukunft mehr Mut zu ausdrucksvoller Gestaltung wünschen. Der spanische Dirigent Pablo González sekundiert mit dem Orchester aus Saarbrücken/Kaiserslautern sensibel, wobei seine Aufmerksamkeit weniger auf größtmögliche Durchhörbarkeit als auf ein geschlossenes, homogenes Klangbild zu zielen scheint. Den „stattlichen“ Polonaisen-Charakter im Schlusssatz des d-Moll-Konzerts unter Berücksichtigung von Schumanns langsamer Metronomisierung überzeugend zu realisieren, kommt der Quadratur des Kreises nahe. Hier drängt sich unwillkürlich der Eindruck der Zeitlupe auf. So treffen sich Solistin und Orchester in einer äußerst gepflegten, dabei dezent zurückhaltenden Wiedergabe dieses Programms, das durch drei interessante Bearbeitungen von Klavierstücken aus der Feder von Joseph Joachim bzw. Ernst Rudorff, einem Schüler von Clara Schumann und Woldemar Bargiel, eine gelungene Abrundung erfährt.
Sixtus König † † [20.07.2010]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Robert Schumann | ||
1 | Fantasie C-Dur op. 131 für Violine und Orchester | |
2 | Konzert d-Moll WoO 1 für Violine und Orchester | |
5 | Konzert für Violoncello und Orchester a-Moll op. 129 (in der Fassung des Komponisten für Violine und Orchester) | |
8 | Gartenmelodie op. 85 Nr. 3 | |
9 | Am Springbrunnen op. 85 Nr. 9 | |
10 | Abendlied op. 85 Nr. 12 |
Interpreten der Einspielung
- Lena Neudauer (Violine)
- Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern (Orchester)
- Pablo Gonzalez (Dirigent)